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Die Geschichte des Grenz- & Heimatmuseum.

 

Die Stadt Gräfenthal sowie der Heimat- & Geschichtsverein „Die Pappenheimer" e.V. haben es gemeinsam geschafft, dem Haus eine Zukunft zu geben - eine Zukunft in der auch wieder Kinder mit ihren lachenden und neugierigen Augen eine wichtige Rolle spielen werden.

 

Das Georg-Stift ist eigentlich nur den Gräfenthalern ein Begriff und hier nur meist im eigenem Erlebten - ob selbst als Kindergartenkind, als Eltern, oder auch als Großeltern, immer wieder rückt das Haus fast periodisch in die Erinnerung zurück.

 

Nachdem Mitte des 19. Jhd. der Versuch einer Kinderbewahranstalt in Gräfenthal einzurichten erst mal gescheitert war, gelang dieses 1889.

 

Am 13. Mai eröffnet die Anstalt im Heinrich Jüchserschen Hause - die erste Vorsteherin Frl. Marie Sprenger konnte gleich 16 Kinder begrüßen. Schon im Folgemonat stieg die Kinderzahl auf 43. Bald waren die Räumlichkeiten zu eng. Im April 1890 zog die Kinderbewahranstalt in das Haus des Zimmermanns August Voigt, nun waren es schon 64 Knaben und Mädchen.

 

Bald zeigte sich, dass auch hier der Platz nicht ausreichte. Im Sommer 1892 wurde schließlich nach einem Bauplatz gesucht. So dachte man hier auch an das Forsthausgrundstück, dieses musste der Herzog Georg II. von Sachsen - Meiningen ablehnen, dennoch betonte der Landesvater: „dass er aber willens ist, für die Stadt Gräfenthal eine Kleinkinderbewahranstalt zu bauen, sofern die Stadt das Gelände dafür auf eigene Kosten besorgt.". Im Oktober stellte dann der Meernacher Karl Müller sein Grundstück zur Verfügung. Der avisierte Bau sollte 16 600 Reichsmark kosten, die Pläne lieferte Landbaumeister Rommel.

 

Dieser übergab am 09.12.1893 den symbolischen Schlüssel für das Haus bei einer schlichten würdevollen Feier. Frl. Marie Sprenger wurde die Leiterin der neuen Kinderbewahranstalt.

 

Bürgermeister Jahn bat Herzog Georg II. dem Gebäude den Namen Georg - Stift zu geben. Seine Verbundenheit mit der Sache spiegelte das Antworttelegramm des Herzogs wieder: „ ... für die Idee, die Anstalt „Georgsstift" zu nennen, spreche ich meinen herzlichsten Dank aus. Möge das Georgsstift den Segen stiften, den ich von ihm erhoffe. Bevor die Kinder hineinkommen gut durchheizen lassen."„Georg".


1899 gab es folgenden Stundenplan für das Winterhalbjahr:

„Die Kinder versammeln sich von früh halb Acht an und spielen frei bis ½ 10 Uhr. Darauf folgt Morgengebet, ein Geschichtchen wird erzählt und ein Lied eingeübt.

Frühstückspause ½ 11 bis ½ 12 Uhr Arbeitsstunden, Ausnähen auf Cartrepapier, Flechten, Falten oder Legen. Mittag ½ 2 Uhr Arbeitsstunden wie angegeben. ½ 3 Uhr Vesperbrod, darauf turnen oder marschieren mit Gesang, Kreisspiele, ein Märchen wird erzählt, Singen des Schlußliedes."

 

Das Sommerhalbjahr verlief ähnlich, nur das die Kinder viel im Freien spielten.

Natürlich machte auch die Inflation des Jahres 1923 keinen Bogen um das Georg Stift, so stieg die Kindergebühr in drei Wochen von 100 Mark pro Woche über 1 Million Mark bis auf 1 Milliarde Mark. Ende November 1923 wurde durch die Stadt die Gebühr auf fünf Goldpfennig pro Woche festgelegt.

 

1928/29 unterzog man die Kinderbewahranstalt einer Generalrenovierung. Nach 40 Jahren ging 1929 Frl. Sprenger in den wohl verdienten Ruhestand. Neue Leiterin war nun Frl. Lydia Preiß.

 

Mit der Machtübernahme Hitlers (1933) kam es zu einer Gleichschaltung die viele Gebiete des öffentlichen Lebens umfasste, so auch den vorschulischen Bereich. 1934 legte man für Kinderbewahranstalten, Kleinkinderschulen, Spielkreise u.ä. die Bezeichnung Kindergarten fest, ein Begriff der sich bis heute erhalten hat. Im selben Jahr übernahm Frl. Leni Carl die Stelle von Frl. Preiß. Ihr sollten als Kindergartenleiterinnen ab 1958 Martha Scherf, 1961 Emmy Walter, 1971 Regina Gläser, 1985 Monika Junge und seit 1990 Tatjana Trube folgen.

 

Damit mehr Kinder betreut werden können, fand 1963 ein Umbau statt. Dennoch musste nur sechs Jahre später eine Gruppe in das Jugendklubhaus umziehen. Im Vorfeld des IX. Parteitages der SED (1976) wurde dem Kindergarten der Name Wilhelm Pieck verliehen. Die Bezeichnung Georg - Stift war nun endgültig verschwunden.

 

1988 ist schließlich ein neues Kindergartengebäude seiner Bestimmung übergeben worden, da das alte Gebäude aus den Nähten zu platzen drohte. Bis 1994 sollte das Georg - Stift noch als Schulhort dienen. In jenem Jahr anlässlich des Tages des Denkmals noch einmal im Mittelpunkt stehend, geriet es ungenutzt langsam in Vergessenheit und der Verfall begann sich abzuzeichnen. Der Heimat- & Geschichtsverein als Veranstalter des damaligen Denkmaltages konnte nun fast 10 Jahre später sich wieder dem Georg - Stift widmen, mit der Einrichtung eines Museums, welches nun damit seine Odyssee beendet hat. Nach einem ersten Versuch in den sechziger Jahren gelang es den Freunden der IG Schloß Wespenstein, endlich ein neues Heimatmuseum in den Räumen des Schlosses ins Leben zu rufen.

 

Schon kurz nach der Eröffnung 1987 zeigte sich, dass die beiden ursprünglichen Räume nicht ausreichten und so wurden Schritt für Schritt weitere Räumlichkeiten im Gebäude für das Museum erschlossen.

 

Mit Beginn der neunziger Jahre sollten in den Außenanlagen des Schlosses Möglichkeiten geschaffen werden, um Zeugnisse der Landwirtschaft zu präsentieren. Aber mit dem Übergang der Immobilie Wespenstein in die Verwaltung des Bundesvermögensamtes kamen diese Pläne zum Erliegen, denn die vordringlichste Aufgabe des Amtes war die Veräußerung des Schlosses, was schließlich 1993 geschah.

 

Mittlerweile war aus der IG Schloss Wespenstein der Heimat- und Geschichtsverein „Die Pappenheimer" e.V. geworden, der weiterhin das Museum betreute.

 

Der Käufer des Schlosses kündigte sofort den Nutzungsvertrag für das Museum, worauf der Verein Widerspruch einlegte. Im April 1994 schließlich musste das Gebäude geräumt werden. Das Ansinnen des Schlosseigners, die Ausstellungsgüter ihm als Museum quasi zur Verfügung zu stellen, wurde vom Heimatverein abgelehnt. Dennoch wurden weiterhin Gespräche geführt, um in Zukunft das Museum wieder auf dem Schloss zu präsentieren. Dabei kam es zu einem gewissen Einverständnis. Nachdem seine drei Mitgesellschafter Anfang 1995 die Geschäfte übernommen hatten, blieb es von ihrer Seite aus bei einer Zusage der Neueinrichtung des Museums im Schloss.

 

Diese Hoffnung sollte bis Mitte 1995 währen, dann kam das finanzielle Aus der Betreibergesellschaft. Mit der Kündigung des Nutzungsvertrages für Januar 1994 stellte zwangsläufig der Verein Überlegungen für den Fortbestand des Museums an. Es musste eine Lösung gefunden werden, mit der das Museum notfalls eine längere Zeit leben konnte, die aber auch die Möglichkeit der Rückkehr in das Schloss offen hielt.

 

Da von der Stadt her kein geeignetes Gebäude bzw. Räumlichkeiten bereitgestellt werden konnten, sie aber die Möglichkeit der sicheren Lagerung anbot, musste sich der Verein nach einem geeigneten Ort für die Neugestaltung der Ausstellung weiter umsehen. Der fand sich in den leerstehenden Turmgewölben der Stadtkirche.

 

So konnte das Museum am 24. April 1994 schon wieder öffnen. Ungefähr ein Jahr später wurde neben den beiden Turmgewölben die sogenannte Lutherstube und die Krypta, letztere für Sonderausstellungen, genutzt. Schon bald reichte der Platz nicht mehr aus.

 

Nur punktuell (z.b. Lutherjahr oder Gräfenthal 1918 - 1945) wurde eine Umgestaltung im Museum durchgeführt - auf Kosten der vorhergehenden Ausstellung. Themen wie Stadtentwicklung, Schloss, Brauchtum, Handwerk, Industrie konnten nur kurz beleuchtet werden. Selbst die gut besuchten Sonderausstellungen in der Krypta (Postkarten, Gräfenthaler Industrie, Grenzausstellung) mussten auf Grund der dortigen Feuchtigkeit beendet werden.

Da durch mehrmaligen Besitzerwechsel bzw. Leerstand die Zukunft des Schlosses immer weiter in ein ungewisses Licht rückte und somit die Rückkehr auf den Wespenstein schier unmöglich schien, begann der Verein mit Überlegungen, um eine neue Unterkunft für das Museum zu finden.

 

Im Jahr 2000 kristallisierte sich das leerstehende Georg - Stift heraus. Wochen, Monate der Gespräche mit der Stadt, dem Land und dem Museumsverband folgten... .

 

Ende 2001 konnte schließlich mit dem Um - und Ausbau begonnen werden. Für die Museumsgestaltung insbesondere der Grenzausstellung konnte kompetente Unterstützung gewonnen werden. So zeichneten neben dem Verein, Roman Grafe (Journalist und Buchautor „Eine Grenze durch Deutschland"), Siegfried Scheidig und Martin Weber (beide von der Geologisch heimatkundlichen Arbeitsgemeinschaft Ludwigstadt/Bay.) für das Thema Grenze und Sperrgebiet, dem ein breiter Ausstellungsraum gewidmet ist. Weitere Unterstützung für diesen Bereich kam auch vom Grenzmuseum Mödlareuth.

 

Andere Themenkomplexe, neben der historischen Entwicklung Gräfenthals, dem Schloss Wespenstein sind die Darstellung des bürgerlichen Lebens einer Kleinstadt vor 100 Jahren, mit Wohnräumen, Trachten, Vereinswesen und Arbeitsleben (u.a. Nachempfindung einer Schneiderwerkstatt).

 

Ein großer Klassenraum zeigt die Schulentwicklung von 1900 bis zum Ende der DDR (1989).

 

Die dahingegangene Bedeutung Gräfenthals als Porzellanproduktionsort (5 Betriebe) wird in einer weiteren Dauerausstellung dokumentiert. Dazu kommen noch thematische Wechselausstellungen.

 

In den parkähnlichen ebenfalls rekonstruierten Außenanlagen findet der Besucher bäuerliches Arbeitsgerät bis hin zum Nachbau eines Fuhrmannwagens durch den Verein.

 

Die Sanierung des Gebäudes und des Geländes hatte einen Wertumfang von rund 360000 Euro, davon 160000 Euro Fördermittel.

 

Über den Verein flossen 3000 Euro an Spendengeldern und 1500 Euro an Eigenmitteln in die Ausgestaltung des Museums. Dazu wurden noch über 2400 Stunden in Arbeitseinsätzen von den Vereinsmitgliedern geleistet.

 

So ist ein Museum entstanden, in dem für Groß und Klein Einblicke in Vergangenes gewährt und damit vielleicht auch etwas für Leben gelehrt wird - somit also auch der Sinn des Gebäudes erhalten bleibt.

 

Mit dem Tag der Eröffnung als Museum soll eine neue Seite in der Chronik des Georg-Stiftes aufgeschlagen werden in der Hoffnung, dass das Gräfenthaler Museum von Gästen aus Nah und Fern besucht wird.